Ein blaues Auge für Lindsey
Hallo Freund:innen der gepflügten Vampirunterhaltung! Heute haben wir eine Folge, die unsere Caster etwas zwigespalten zurücklässt. Aber zum Glück haben wir uns eine dritte Meinung eingeholt, wenn auch nicht von der dritten Macht, aber von „Nerd und Krempel“. Der gute Chris ist mit an Bord, um heute ein Auge auf Frau Bräuer zu werfen. Denn es braut sich gewaltig was zusammen. Die Dame ist nämlich nicht nur blind und kann trotzdem sehen, sondern auch noch eine Auftragskillerin der diabolischen Anwaltskanzlei (gibts favon eigentlich auch nichtdiabolische?) Wolfgang und Herz (Ihre Kanzlei mit Herz), die sie in schöner Regelmäßigkeit aus diversen Mordundtotschlagprozessen rausboxt. Selbst wenn Angel zufällig in den Fall gerät und dem Gericht mal so richtig zeigt, wo denn die guteste Ihre Sonnenbrille holt (nämlich ganz lässig aus der Luft).
Aus uns nicht ganz nachvollziehbaren Gründen fallen daraufhin Held und Antiheld Lindsey beide in tiefe Sinnkrisen und die titelgebende Protagonistin storytechnisch so weit nach hinten, dass wir sie gegen Ende, als ihr Handlungsstrang aufgelöst wird, schon beinahe fast vergessen hätten (so wie vermutlich auch die Autoren).
Denn im Grunde dient die Folge vorwiegend dazu den Charakter von Lindsey zu vertiefen und Angel irgendwie in den Besitz einer mysteriösen Prophezeiung zu bringen, die uns den Rest der Serie (und darüber hinaus) begleiten wird wie ein hartnäckiges Vestikel am Gesäß.
Aber das ganze ist durchaus kurzweilig und gewohnt schön inszeniert. Vor allem die Heist-Szene, in der die beiden Gegenspieler gemeinsame Sache machen und das Herz der Anwaltskanzlei vordringen macht unglaublich Spaß. Bauchschmerzen bereitet aus heutiger Sicht allerdings der Spaß, den Gun dabei hat, lautstark in einer Lobby voller schwer bewaffneter Sicherheitsleute deren weiße Privillegien in Frage zu stellen. Vermutlich wäre das heute das letzte, was er je gesagt hätte.
Aber, weil es in „Angel“ ja besser zugeht, als im richtigen Leben, wird nicht der aufmüpfige Schwarze erschossen, sondern der schleimige Sheldon-Anwalt. Und Lindsey für seine Unfähigkeit befördert.
Am Ende eine Folge mit viel Licht, aber auch viel Schatten (warum gibt sich Angel zB so wenig Mühe, Lindsey wirklich auf den rechten Pfad zu führen, obwohl er vorher eine Litanei über die Ungerechtigkeit des Lebens gehalten hat?) die sich irgenwie anfühlt wie ein Vehikel. Aber ein wunderschön rundlaufendes Vehikel.
Während der eine also noch etwas zögernd am Dancefloorrand steht, ist der andere (wenn auch mit etwas schlechtem Gewissen) auf der Tanzfläche und tanzt
Den Tanz der verhaltenen Freude